auf den Spuren von Ute & Dirk Prüter

entlang der Mosel

… in Bildern

Radeln in der Weingegend
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… in Worten

Die Radreiseausstattung, in die wir für unsere Tour nach Barcelona investierten, sollte nicht ungenutzt bleiben. Ostern 2012 war der nächste Zeitpunkt für eine mehrtägige Radtour.
Ute und ich überlegten, was im Rahmen der zur Verfügung stehenden Tage möglich sei. Eine Runde um den Bodensee? Hakten wir aufgrund der tausend Kilometer An- und Abfahrt ab, die uns bereits einen Tag gekostet hätte. Der Ruhrtal Radwanderweg? Schied aus, da dieser sich für eine Rundreise anbot, dann aber 4 Tage etwas zu knapp bemessen waren. Irgendwie kamen wir dann auf die Mosel. Mit der Bahn sollte es von Köln nach Trier gehen, von dort aus den Fluss entlang bis zur Mündung nach Koblenz, und anschließend weiter zurück nach Hause - je nach Lust und Laune per Velo oder erneut mit dem Zug.
Was die Bahnfahrt anbelangte, so gestaltete sich dies im Vorfeld komplizierter als erwartet. Eine Verbindung war schnell per Internet gefunden; das war nicht das Problem. Von Köln aus sollte es einen Regionalzug geben, der nach gut 3 Stunden Fahrtzeit und ohne Umsteigen Trier erreicht. Als Hürde erwies sich die die Buchung. Zwar ließ sich über das Buchungsportal des "Railway Carriers" ein Häkchen für die Mitnahme von Fahrrädern setzen, doch ein entsprechender Ticketkauf vom heimischen PC aus schloss explizit den Erwerb der dazu erforderlichen Fahrkarten aus. Noch besser dann die Antwort auf eine E-Mail an das Unternehmen: auf dieser Strecke sei die Mitnahme von Rädern nicht möglich! Seltsam nur, dass ich das Bild eines weißen Rades auf der roten Lackierung der Regionalzüge vor Augen hatte und auch der Fahrplan keinen Hinweis enthielt, der den Transport der Drahtesel ausschloss. Schließlich begab Ute sich in ein Reisebüro, wo sie ohne Probleme die benötigten Tickets erhielt. Einziges Manko dabei: das Vergnügen kostete uns ein paar Euro mehr als die Buchung per Internet gekostet hätte, da nun menschliche Dienstleister in den Vorgang involviert waren.

Die Anreise selbst verlief weitgehend unproblematisch. Gründonnerstag hängten wir die gefüllten Packtaschen an die Räder, pedalten den Rhein entlang zum Bahnhof, ärgerten uns darüber, dass die Räder nicht in den Aufzug passten, um auf das Gleis zu gelangen. Umständlich dort angelangt trafen wir auf ein älteres Pärchen (also noch betagter, als wir es sind), das ebenfalls mit Fahrrädern vor sich auf den Zug wartete. Wir kamen ins Gespräch und erfuhren, dass es die beiden in die Eifel trieb. Von Gerolstein aus wollten sie auf stillgelegten Bahntrassen Hügel abwärts radeln und sich per Bus zurück zum Ausgangsort chauffieren lassen. Die zunächst anstehende Herausforderung bestand jedoch darin, die unmotorisierten Zweiräder in den Zug zu bekommen bzw. die Räder darin unterzubringen. Mit jeweils 3 Gepäcktaschen und Utensilien am Lenker gar nicht so ganz einfach zu bewerkstelligen, doch nachdem alle abnehmbaren Teile in den Gepäckablagen verstaut und die Räder festgezurrt waren, konnten sogar wieder Mitreisende den Gang passieren.

In Trier angekommen ging es zunächst an der Porta Nigra vorbei an den Fluss. Bei bewölktem Himmel und Temperaturen deutlich unter 20 Grad (eher ein wenig über der Hälfte) führte der Weg zunächst durch nur mäßig attraktive Randgebiete der Stadt. Ab einem Moselbogen bei Schweich ließen wir dann die uns bis dahin begleitende Autobahn hinter uns und erblickten das Panorama, das wir erwartet hatten: Hügel und Weinberge abseits belebter Straßen, ohne dass der Radweg uns nennenswerte Steigungen abverlangte.
Nach gut einer Stunde bzw. 20 zurück gelegten Kilometern entschieden wir, bei einbrechender Dämmerung kurz vor Mehring auf einem am Weg gelegenen Campingplatz Halt zu machen. Von der Rezeptionistin erfuhren wir, dass wir für dieses Jahr die ersten Gäste auf der Durchreise waren. Dementsprechend blieb uns die freie Platzwahl. Ohne lange Erkundungsgänge entschieden wir uns für den erstbesten Flecken, der sich uns bot. Den Tisch der nebenan gelegenen überdachten Sitzecke beschlagnahmten wir zur Ablage unserer Taschen, bevor ich mich daran begab, das Zelt aufzuschlagen. Die Handgriffe saßen noch, und so entschwand Ute kurze Zeit später Richtung Dusche. Nachdem das Lager errichtet, unsere Brocken verstaut uns auch ich ausgehfertig war, stand die Futtersuche an. Während hinter der Hecke, die uns von den nächsten Parzellen abschirmte, Dauercamper sich am Lagerfeuer wärmten und dabei die Zeit vertrieben, zog es uns in geschlossene Räumlichkeiten. Fündig wurden wir in dem Restaurant, welches dem Campingplatz angeschlossen war. Viel mehr stand auch im näheren Umkreis nicht zur Verfügung, aber wir wurden auch nicht enttäuscht. Außer dem Tisch, den wir besetzten, war nur ein weiterer belegt. Auch dort saß man noch nicht all zu lange, denn kaum dass wir unsere Bestellung aufgegeben hatten, wurde nebenan serviert. Was wir zu sehen bekamen ließ uns zweifeln, ob wir uns richtig entschieden hatten. Ein Salat Teller war derart üppig gefüllt, dass er gut und gerne für 2 Personen gereicht hätte, und auch das, was auf den anderen Tellern zu sehen war, sah eher nach Fernfahrer Portionen aus. Es dauerte nicht lange, da schwand auch der freie Platz vor uns. Ute Schnitzel mit Pommes hätten zusammen mit ein paar Beilagen uns beide gesättigt, und meine Ration Gnocchi hätte ich auch besser nicht komplett einverleibt. Doch wie es so ist - es schmeckte vorzüglich und mangelte an Selbstdisziplin oder der irrigen Einbildung, die Schöpfer der Kreation nicht mit einem halbvoll zurück gegebenen Teller enttäuschen zu wollen. Dem Platzen nahe plauderten wir noch ein wenig mit dem Personal, anschließend ging es zurück in die Kälte nach draußen.
Die Temperaturen waren nahe an den Gefrierpunkt gerutscht, so dass es uns zügig in die Schlafsäcke trieb; Kapuze auf, soweit wie möglich alles zuziehen und darauf warten, dass das Bibbern nicht all zu lange anhält.

Am nächsten Morgen dann der Kampf, die kuschelig warme Ummantelung wieder zu verlassen. Doch die Überwindung wurde belohnt. Bei einem unserer Gänge lief uns die Platzwartin über den Weg und erkundigte sich danach, ob sie unsere Herzen oder was-auch-immer mit einer Tasse Kaffee erwärmen könne. Obwohl wir uns nicht zu morgendlichen Kaffeetrinkern zählen, Zuhause gibt es einen Pott Tee, nahmen wir das freundliche Angebot an und erfuhren noch ein paar Details über die nähere Umgebung, wie z.B. den Freizeitpark bzw. die Sommerrodelbahn, die in direkter Nachbarschaft am Hang gelegen war, oder den Tümpel, um den herum sich der Campingplatz erstreckte.

Der graue Himmel und die lausige Kälte sorgten dafür, das wir zu (für uns!) Rekord verdächtiger Zeit wieder in Bewegung kamen; um 10:20 Uhr (tatsächlich, in Worten: zwanzig nach zehn) strampelten wir, gut eingepackt, weiter die Mosel herunter. Vorbei an Mehring, Leiwen, Neumagen-Dhron, Bernkastel-Kues radelten wir Karfreitag bis kurz vor die Tore von Traben-Trarbach. Im Laufe des Tages klarte es ein wenig auf, und während einer mittäglichen Pause schafften es sogar ein paar Sonnenstrahlen, uns zu erwärmen. Ansonsten sorgten die Temperaturen dafür, dass wir den Radweg weitestgehend allein für uns hatten. Ebenso machten die Ortschaften, die wir durchfuhren, einen ausgestorbenen Eindruck. Zwar reihte sich Weinlokal an Weinlokal bzw. Straußwirtschaft an selbige, doch mangels Kundschaft (oder lag es am Feiertag?) blieben die Türen geschlossen. In einer Konditorei versorgten wir uns mit dem, was wir für den Tag benötigten, darüber hinaus beschränkte sich der Kontakt zu unseren Mitmenschen auf ein Paar, das mit dem Wohnmobil unterwegs war und für Touren um den Stellplatz des Gefährts in die Pedalen trat. Nach 66 Kilometern, kurz hinter Kröv, steuerten wir gegen 18:00 Uhr den nächsten Campingplatz an. Dieser war schon besser besucht, schien einigermaßen in holländischer Hand zu sein, den Hinweisschildern und Gesprächen um uns herum zu urteilen, doch es verlief alles reibungslos. Wir ließen uns zwischen einer Familie nieder, die das Tageslicht noch für ein paar Ballwechsel mit dem Federball Schläger nutzte, und einigen Paddlern, die für Touren auf dem Wasser aus dem Ruhrgebiet mit ihren Kajaks angereist waren.
Der Gang zum Essen führte uns diesmal vom Campingplatz herunter - der Aushang mit den angebotenen Gerichten vermochte uns ebenso wenig zu überzeugen wie das Ambiente des hiesigen Restaurants, und so landeten wir in einem vor dem Zeltplatz gelegenen Lokal; rechts und links entlang der Straße gab es auf den nächsten paar hundert Metern keine weiteren Alternativen, und nochmals auf das Rad steigen wollten wir auch nicht. Aber auch hier waren zufrieden mit unserer Wahl. Die Räumlichkeiten waren geschmackvoll österlich dekoriert, und ebenso enthielt die Speisekarte eine zeitgemäße Offerte - frische Forellen Müllerinnen Art, dazu vorab ein heißes Süppchen. Wie bereits am Vorabend, so war auch hier nur ein weiterer Tisch besetzt, doch dauerte es nicht lange, da konnten sich Bedienung wie Küche in Person von Mutter und Tochter ganz auf uns konzentrieren. Bei dieser Gelegenheit erfuhren wir, dass es die beiden nach der Wende aus dem Osten an die Mosel verschlagen hatte, dass die Fische tags zuvor sich noch am Herumtollen in ihrem natürlichen Lebensraum erfreuen durften, und wie das Schicksal den Damen mitspielte, indem beispielsweise die Campingplatz Betreiber den Pachtvertrag für die vor der Tür gelegenen Parkplätze gekündigt hatte und so das weitere Überleben des Betriebes in Frage stellte.
Nachdem wir den Aufbruch lange genug hinaus gezögert hatten, begaben wir uns zurück zum Zelt. Mit weniger Völlegefühl aber bei ähnlichen Temperaturen wie den Abend zuvor dauerte es nicht lange, dass der Tag, für uns ungewohnter Maßen früh, noch weit vor Mitternacht sein Ende fand.

Waren wir bis dahin vom prognostizierten Wetter verschont geblieben, so mussten wir Ostersamstag unser Zelt leicht bedröppelt abbauen. Eine knappe halbe Stunde später als am Vortag verließen wir den Campingplatz zu einer Zeit, die schon eher mit den bisherigen Erfahrungen überein stimmte.
Die Paddler aus der Nachbarschaft waren ein wenig betrübt. Zum einen hätten auch sie einen Regen freien Start in den Tag bevorzugt, zum anderen hatten sie einen Ausfall zu beklagen. Eines der mitgereisten Kinder hatte sich eine Erkältung eingefangen, was die Mutter dazu bewegte, den Rest der Truppe an Land und zusammen mit dem Sohnemann im Auto zu begleiten. Während es für die Wassersport Enthusiasten in die Richtung ging, aus der wir gekommen waren, so setzten wir unseren Weg der schwachen Strömung hinterher fort, um nach Cochem zu gelangen.
Den ersten Halt legten wir nach nur 3 Kilometern in Traben-Trarbach ein, um einen Bäcker zu bereichern. Trockenen Hauptes erreichten wir eine gute Stunde später Zell, wo wir ein wenig durch die Straßen schlenderten. Bei der Gelegenheit lernten wir eine 5-köpfige Familie aus England kennen, die sich ebenfalls auf den Weg gemacht hatte, der Mosel mit dem Rad zu folgen, und der wir im weiteren Verlauf der Fahrt noch einige Male wieder begegnen sollten. Zunächst aber hieß es, einige Motive um die österlich geschmückte "Schwarze Katz" zu fotografieren und vor einsetzendem Nieselregen Unterschlupf in einem Cafe zu suchen. Bei Kaffee, Tee und Kuchen erfuhren wir, diesmal von einem holländischen Paar am Nachbartisch, was dieses in die Gegend trieb. Sie fanden die Gegend beschaulich, genossen es, in Weinstuben und Cafes einzukehren oder kürzere Distanzen zu Fuß zu erkunden.
Gegen 14:00 Uhr, bei wieder getrockneten Straßen, setzen wir unsere Tour entlang der Moselschleife fort. Da das Wetter nicht so richtig zum weiteren Verweilen am Wegesrand einlud, fuhren wir, abgesehen von kurzen Fotostops, bei gemütlichem Tempo durch bis Cochem. Ein kurzer Halt am Fuße des Schloss Metternich, an der Fähre nach Beilstein, und schon war das Tagesziel um 17:30 Uhr erreicht. Die zurück gelegte Strecke: 61 Kilometer, bis auf die Auffahrten auf die Moselbrücken alles ohne Steigungen, mehr oder weniger immer den Fluss entlang.
Kurz vor Ende der Tagesetappe hatte ich Ute mit der Frage überrascht, was sie zur Feier des Tages davon halten würde, anstatt im Zelt in einem Bett zu übernachten. Nicht, dass ich nach 2 Nächten im Freien der Einfachheit überdrüssig geworden wäre, aber nach gut 30 Jahren Partnerschaft bildete ich mir ein zu wissen, wie ich meiner Frau etwas Gutes tun könnte - und ich lag nicht verkehrt mit meiner Einschätzung. Dankbar wurde der Vorschlag angenommen und nach entsprechenden Quartieren Ausschau gehalten. Als wegweisend erwies sich eine Infotafel im Ortskern. Nicht nur, dass eine Reihe von Hotels und Pensionen Auskunft darüber gab, was den Gast im Hause erwarten würde, nein, es gab auch direkt ein Telefon mit Kurzwahl, um mit der Rezeption verbunden zu werden. Nach intensivem Studium der Offerten konnten wir uns auf ein Haus einigen, welches unsere Auswahlkriterien erfüllte: nicht zu weit irgend einen Hügel hoch, vertretbares Preis-Leistungsverhältnis, nicht zu schick und nicht zu schäbig, sowie als i Tüpfelchen, eine Sauna! Es folgte ein kurzer Anruf, die Information, dass in jeder der 3 Kategorien noch ein Zimmer frei sei. Dank dem Tableau, vor dem wir standen, wussten wir auch direkt, wie wir zum Hotel gelangen konnten. Rauf auf die Brücke, rüber auf die andere Seite, einmal links abbiegen, und schon waren wir angelangt; eine Sache von ein paar hundert Metern, keine 5 Minuten.
Die Räder ließen wir in einer Garage des Hotels, und bepackt wie 2 Lastesel stolperten wir durch die engen Gänge in unser Zimmer. Während wir uns ausbreiteten, wurde der Sauna Ofen angeheizt, und nachdem wir unsere Bademäntel in Empfang genommen hatten, ging es auch direkt zum Aufwärmen in den Schwitzkasten. Zwar konnte sich der Ruhebereich nicht mit einem der Tempel messen, die sich exklusiv diesem Freizeitvergnügen widmen, doch nach 2 x 15 Minuten transpirativer Sitzung fühlten wir uns wie neugeboren - na ja, so fast. Es folgte noch ein geruhsames Stündchen zwischen Matratze und Bettdecke, bevor es galt, überlebenswichtigeren Bedürfnissen nachzukommen; in der Bauchgegend machte sich so langsam ein Gefühl bemerkbar, welches darauf drängte, abgestellt zu werden. Anziehen und wieder raus an die frische Luft - die Bereitschaft zu größeren Erkundungsgängen hielt sich in engen Grenzen. Entsprechend gelangten wir gerade bis zur nächsten Straßenecke, wo wir auf ein Restaurant trafen, welches sich der italienischen Küche verpflichtet fühlte; Pizza und Pasta. Entgegen der voran gegangenen Abende war das Lokal gut besucht. Mit Blick auf die Mosel wählten wir einen der wenigen freien Tische auf einer Außenterrasse. Was romantisch klang und einen viel versprechenden Eindruck machte - Heizstrahler in den Ecken, herunter gelassenen, durchsichtigen Planen vor der Balkon Brüstung und Fleece Decken auf den Stühlen - entpuppte sich aber doch relativ zügig als gewöhnungsbedürftig. Die Kälte kroch durch die Ritzen und ließ nur mäßige Behaglichkeit aufkommen. Doch wir wollten uns keine Blöße geben, standen zu unserer Wahl, zogen das Essen aber auch nicht in die Länge. Zurück im Hotel verführte die Dachterrasse mit Blick auf die beleuchtete Burg auf der anderen Seite des Flusses dazu, an frischer Luft die Kamera auszupacken, doch im Anschluss hieß es dann auch schnell, nur nichts übertreiben, ab in die angenehm temperierte Stube und freuen darüber, nicht erst die Schlafsäcke aufwärmen zu müssen.

Ostersonntag - zu ziviler Zeit trollten wir uns aus den Betten, einer nach dem anderen schlich in das nebenan gelegene Bad, bevor wir uns den puren Luxus gönnten: frühstücken am Buffet. Zur Feier des Tages und als Aufmerksamkeit des Hauses dazu noch ein kleines mit Leckereien gefülltes Osternest an den Tisch. OK, für den Betrag, den uns das Vergnügen kostete, hätten wir eine Woche auf Campingplätzen übernachten können, aber wir waren zufrieden.
Ausreichend gestärkt starteten wir zu vertrauter Stunde um kurz vor 11:00 Uhr. Die ersten Meter war es noch recht frisch, doch im zunehmenden Verlauf des Tages entfaltete die Sonne bei blauem Himmel ihre Wirkung, so dass sich das Frösteln in Grenzen hielt. Auf der Eifeler Seite der Mosel radelten wir weiter gen Flussmündung, vorbei an der Burg Eltz und abschnittweise auch mal durch die Weinberge, ohne dass größere Steigungen zu überwinden gewesen wären. Je mehr wir uns Koblenz näherten, desto häufiger verlief der Radweg entlang der Straße. In Kobern-Gondorf stießen wir dabei auf einen Ostermarkt. Das halbe Dorf schien auf den Beinen, um an den Ständen das angebotene Repertoire an Schmuck und Nippes zu bewundern, sich an Spielen zu vergnügen oder mit Spezialitäten aus der Region zu versorgen. Bei der Gelegenheit trafen wir einen Händler aus Lahnstein. Meine Frau fing mit ihm an über den angebotenen Likör zu philosophieren, und plötzlich stellte man fest, dass man mit Utes Onkel nebst Familie gemeinsame Bekannte dort hatte. So dauerte es ein wenig, bevor es weiter ging, doch bereits im Nachbardorf fanden wir uns im nächsten Straßenfest wieder. Vor einer Bühne, umringt von einigen Weinständen und Fressbuden, gab es kein Durchkommen mehr. Wir zwängten uns, die Räder schiebend, durch die dicht gedrängten Menschenmassen hindurch, und machten bei einem Straßencafe Halt, um bei Kaffee, Eis und Kuchen dem Treiben ein wenig zuzuschauen. An sich lud die Sonne durchaus dazu ein, die Augen ein wenig zu schließen, doch mitten in dem Getümmel war irgendwie der falsche Platz dazu. Also brachen wir nach einer knappen Stunde, ohne ein mittägliches Nickerchen eingelegt zu haben, wieder auf. Auf den Radwegen waren wir nicht mehr allein. Das Wetter hatte viele Menschen vor die Tür gelockt, so dass wir bei gemütlichem Tempo das Deutsche Eck und somit das Ende der Mosel gegen 17:00 Uhr erreichten.
Bei einer erneuten Pause, 52 Kilometer waren seit Cochem zurück gelegt, überlegten wir, wie es weiter gehen sollte. Der Campingplatz, der dort sein sollte, wo wir uns befanden, existierte nicht. Zwar hatten sich einige Wohnmobile dort niedergelassen, doch weder sanitäre Einrichtungen noch eine ordnende Hand waren präsent. Den Bahnhof ansteuern und per Zug zurück nach Hause? Auch danach war uns nicht zumute. Entsprechend entschlossen wir uns, den bereits im letzten Jahr gefahrenen Weg, der uns nach Barcelona führte, aus anderem Blickwinkel bzw. in entgegen gesetzter Richtung kennen lernen zu wollen.
Eine halbe Stunde nach unserer Ankunft und einem Smalltalk mit einer Camperin aus dem Sauerland ließen wir die Mosel hinter uns und brachen Rhein abwärts in Richtung heimischer Gefilde auf. Zunächst ging es über erdige Wege weiter; die Rheinpromenade erhielt gerade eine Komplettsanierung. Auch der Weg um ein Hafenbecken herum wurde aus anderer Perspektive nicht attraktiver. Zwar herrschte kein Verkehr in dem Industriegebiet, doch eine ansprechende Umgebung zum Rad fahren sah anders aus. Kurz vor Urmitz wechselten wir über eine Bahnbrücke auf die andere Rheinseite, um in Neuwied Ausschau nach einer Übernachtungsmöglichkeit zu halten. Entgegen dem Vortag wurden wir enttäuscht; es fand sich weder ein Campingplatz, noch ein ansprechendes Hotel. Nachdem wir Passanten angesprochen hatten, waren wir ähnlich schlau wie zuvor - bis zu den nächsten erschlossenen Zeltgründen seien es noch knapp 10 Kilometer. Nach mittlerweile 70 gefahrenen Kilometern hätten wir zwar um 19:00 Uhr eine andere Antwort bevorzugt, aber es half ja nichts. Das neue Tagesziel hieß Leutesdorf, und es war uns bereits bekannt. Auf dem hiesigen Campingplatz hatten wir ein dreiviertel Jahr zuvor auf unserem Weg Richtung Süden das erste Mal unser Zelt aufgeschlagen.
Eine gute halbe Stunde später war es geschafft. Ute konnte kaum noch sitzen, der blaue Himmel war einer dichten Wolkendecke gewichen, und die Motivation, noch auf dem Zeltplatz aufzulaufen, war gesunken. Also schauten wir bei dem Hotel vorbei, in dem wir beim letzten Besuch zu Abend gegessen hatten und welches mit einem "Bed & Bike" Siegel eine Unterkunft bewarb. Im Vergleich zu unserem Quartier in Cochem verhielt sich das neue Zimmer eher bescheiden, ohne dass sich dies im Preis deutlich bemerkbar machte, doch auch hier konnten wir die Räder in die Garage schieben. Das Zimmer befand sich in einem Anbau. Die Einrichtung stammte teilweise aus einer Zeit, wie ich sie aus frühen Kindheitserinnerungen von meinen Großeltern in Erinnerung hatte, und das Bad ließ trotz neuerer Ausstattung auch eher zu wünschen übrig. Auf der anderen Seite gelang es uns die Wirtin zu überreden, uns noch bis 21:00 Uhr eine warme Mahlzeit zuzubereiten. Während wir dann speisten, leerte sich auch der letzte Tisch, was zur Folge hatte, dass auch wir, nicht viel später, den Gang zur Nachtruhe antraten.
Wie die Unterkunft, so konnte auch das Frühstück nicht mit dem des Vortags mithalten. Für jeden ein Teller mit Wurst und Käse Aufschnitt, eine Portion Süßes, Butter, Kaffee, Tee, allerdings alles ohne das Gefühl der Freizügigkeit, je nach Vorliebe Nachschlag nehmen zu können. Entsprechend waren wir nicht verwundert, bereits um 10:30 Uhr die gastliche Stätte wieder zu verlassen. Anstatt hoch in die Weinberge, wählten wir diesmal zunächst den Weg entlang der Straße. Bei trübem Himmel und Nieselregen war nicht viel Verkehr, aber auch im weiteren Verlauf nur wenig, was uns zum Anhalten bewegte. Ein paar Fotos in Linz, Pinkelpause an der Brücke von Remagen, vorbei an Drachenfels und Königswinter - 3 Stunden nach unserem Start und gut 40 Kilometer näher in Richtung Haustür stoppten wir vor dem Bahnhöfchen in Bonn Beuel, einem Restaurant und Biergarten, dessen Außengastronomie in Anbetracht des Wetters geschlossen geblieben war. Doch auch im Wintergarten gab es noch ausreichend freie Tische, so dass wir es bei Imbiss, Apfelschorle und Fassbrause anderthalb Stunden aushielten. Zu guter letzt kamen wir noch ein wenig mit der Bedienung ins Gespräch, die zwischen Mittagsgästen und Besuchern zum Kaffee Zeit zu haben schien, so dass wir erfuhren, dass die Dame selbst nicht viel mit einem Rad anzufangen wusste, wohingegen der Gatte am Rande der Eifel schon eher sportlich ambitioniert war.
Um 15:00 Uhr hieß es für uns, erneut aufzubrechen; auf zum Endspurt. Gute 20 Kilometer trennten uns noch von Zuhause, doch die Strecke war aufgrund diverser Feierabend Runden bestens vertraut. Blieben wir bis dahin vom vorhergesagten Schietwetter über die Feiertage weitestgehend verschont, so erhielten wir auf der Abschlussetappe doch noch unsere Dusche. Entsprechend wählten wir den, gegenüber dem Schlenker den Rhein weiter entlang, kürzeren Weg über die Felder, streiften Kapuze und Handschuhe über und erfreuten uns daran, den Tag an frischer Luft verbracht zu haben, anstatt, wie viel zu häufig, den Regen hinter der Fensterscheibe zu lassen.